Synchronisation als Ton-Bild-Verhältnis

1 Synchronisation als Ton-Bild-Verhältnis

Mit Synchronisation werden ganz allgemein Praktiken, Techniken oder Vorgänge bezeichnet, bei denen es um die Zusammenfügung oder Koordination unterschiedlicher Zeiten, die Distribution von Zeit oder die Herstellung von Gleichzeitigkeit geht.[1] In dieser unscharfen Definition deutet sich an, dass es verschiedene Möglichkeiten der Synchronisation und ihrer Konzeptualisierung gibt, die wiederum mit verschiedenen Zeitkonzepten korrespondieren: Existiert so etwas wie eine absolute Zeit, ein Zentrum, auf das lokale Zeiten abgestimmt werden oder gibt es andersherum tatsächlich heterogene eigene Zeiten, die bei ihrem Zusammentreffen, an ihren Fugen, so etwas wie eine Zwischenzeit oder eine übergreifende Zeit generieren?[2] Wenn der Begriff audiovisuelle Medien als technische und zeitbasierte Medien des Sehens und Hörens definiert wird, so ergibt sich daraus schon, dass das Verhältnis von Ton und Bild sowie von Hören und Sehen in diesen Medien zentral durch ihre spezifischen Synchronisationsprobleme gekennzeichnet ist. Aus medienhistorischer Sicht ist dabei die Unschärfe des Synchronisationsbegriffs besonders im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Sinnen und Medien interessant: Wo entsteht Gleichzeitigkeit von Sehen und Hören, irgendwo zwischen Medium und Betrachter? Diskurse darüber, was unter Begriffen wie Asynchronismus[3] oder Synchresis[4] zu verstehen ist, setzen dort ein. An markanten historischen Stellen des Problems der technischen Verkoppelung von Bild- und Tonmedien, vom Kineto-Phonographen Edisons bis zu digitalen audiovisuellen Formaten, zeigt sich, dass die eingesetzten einzelnen Medien für Bild und Ton ebenso wechseln wie die Methoden ihrer Synchronisation. Entsprechend stellt ein solcher Vergleich verschiedener Verfahren der Synchronisation zunächst nicht die Frage, was ein Bild oder ein Ton eigentlich sei, sondern die, welche Relationen diese jeweils zueinander einnehmen. Genauer: In welchen zeitlichen Verhältnissen und an welchen Positionen können Töne und Bilder in audiovisuellen Anordnungen vorkommen? Diese audiovisuellen Gefüge lassen sich als unterschiedliche Verteilungen medialer Funktionen wie Speichern, Übertragen und Verarbeiten[5] zwischen den an Aufzeichnung, Bearbeitung und Präsentation beteiligten Apparaten, Dingen, Menschen und so weiter beschreiben. Dies erlaubt, sie als Schnittstellen zwischen Produktion der Zeit und Zeit der Produktion zu konzeptualisieren.

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