Sound Design

4.5 Psychoakustische Aspekte

Seit den späten 1970er Jahren nimmt die Verwendung entlegener Frequenzbereiche (unter 80 Hz und über 4000 Hz) zu. Die Basis bilden sowohl traditionelle, kulturelle Faktoren der Klangerzeugung als auch psychoakustische Gesetzmäßigkeiten der auditiven Wahrnehmung. So können basslastige Klangobjekte je nach rhythmischer Struktur entweder beruhigend oder bedrohlich wirken, während in einem höheren Frequenzspektrum zwischen 3000 und 5000 Hz, in dem das Ohr besonders empfindlich reagiert, jene enervierenden Klangobjekte angesiedelt sind, die weltweit mit Lautphobien korrelieren, wie das sirrende Geräusch des Zahnarztbohrers oder das Kratzen von Fingernägeln auf der Wandtafel. Diese sensorischen Qualitäten wirken sich unmittelbar affektiv aus.

Mit der Verwendung von exzessiver Lautstärke und der Entgrenzung des filmischen Raums durch die Surround-Verfahren wird die angestammte Altarfunktion des Films zunehmend aufgelöst. An dessen Stelle treten sensorische Strategien, die den Rezipienten nach einfachem Reiz-Reaktions-Muster überwältigen sollen, indem sie direkte, kognitiv nicht zu kontrollierende vegetative Reaktionen auslösen. Für solche Überwältigungsstrategien hat Thomas Elsaesser den Begriff Engulfment (Überflutung) geprägt.[5] Exzessive Lautstärke verfügt über eine mythische Dimension, die auf die Pole Kult und Krieg zurückzuführen ist, in denen große Lautstärke schon seit Jahrhunderten eine wichtige Funktion ausübt. Beispielhaft für die Verwendung der psychoakustischen Dimension des Klangs ist die Eröffnungssequenz aus Jurassic Park (US 1993, R: Steven Spielberg), in welcher die Dynamik bis zum Maximalpegel anschwillt und sich gleichzeitig der Frequenzgang in den Bass- und Höhenbereich verlagert.

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Schlagwörter:Immersion, Polysensualität
Zeitrahmen:ab 1970
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