Audiovisuelle Live Performance

4 Video Scratching

Analoge Videosynthesizer erwiesen sich als zu sperrig für den problemlosen Transport, aber in den 1980er und frühen 1990er Jahren wurden tragbare Videorekorder und Videomixer entwickelt, was ihren Einsatz in Live-Situationen möglich machte. Auch kamen zu dieser Zeit die ersten Programme zur Bearbeitung von Videos für den PC heraus: Mit dem Newtek Video Toaster z. B. konnte man bereits Videos auf einem Computer in Echtzeit mischen und mit Effekten versehen.

Etwa gleichzeitig entstand die Scratch-Video-Bewegung in Großbritannien. Scratch-Video-Künstler wie Gorilla Tapes und die Duvet Brothers benutzten Clips mit Material, das ursprünglich aus den Mainstream-Medien stammte, und mischten es neu, meist mit politischem Inhalt. Obwohl Scratch-Video weder in Echtzeit geschnitten noch live aufgeführt wurde, war der Einfluss auf spätere, ebenfalls auf Remix basierende Produktionen beträchtlich. Eine verwandte, aber doch eigenständige Technik ist das sogenannte Video Scratching, das Ende der 1980er Jahre vom amerikanischen Multimedia-Ensemble Emergency Broadcast Network (EBN) entwickelt wurde. Dabei werden kurze Clips aus Fernsehsendungen oder anderem gefundenen Filmmaterial (Found Footage) stark rhythmisiert geschnitten, sodass auf der Tonspur eine Art Rap-Effekt entsteht. Eines der bekanntesten EBN-Videos war eine Cover-Version des Queen-Songs We Will Rock You von 1991, wobei der Text aus einer Rede des amerikanischen Präsidenten George Bush zum zweiten Golfkrieg zusammengeschnitten wurde. Die Arbeit erregte internationales Aufsehen, als die Band U2 sie in das Programm ihrer Zoo TV Tour (1992/1993) aufnahm. Ende der 1990er Jahre begannen Electronica-Künstler wie das britische DJ-Duo Coldcut Live-Videomixing zu einem Teil ihrer Performances zu machen. Coldcut brachten mit VJamm ihre eigene Software für audiovisuelle Performances auf den Markt und bleiben nach wie vor einer der bekanntesten Acts auf dem Gebiet der audiovisuellen Performance.

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